Mein Alltag mit Neurodermitis

Das Leben mit der Diagnose Neurodermitis war nicht einfach. Wenigstens gab es irgendwann einen Namen für diese Krankheit und nicht die Einstellung: hast eh nichts, kratz einfach nicht, dann passt das schon. Einerseits wurde der Krankheit eine Bedeutung gegeben, andererseits gab es nur Kortison als Therapie.

 

Mein Alltag in den schlimmsten Zeiten sah so aus: ich wachte in der Früh völlig übermüdet auf. Der erste Blick in den Spiegel beim Gesicht waschen hat mich schon depressiv gestimmt. Wie das wieder aussieht! Am liebsten würde ich daheim bleiben und gar nicht in die Schule gehen. Da ich aber an Ausbildung interessiert war, habe ich mich dann doch hingeschleppt. Meistens trug ich langärmelige Shirts und lange Hosen, um meine unschöne Haut zu verdecken. In der Schule angekommen, wenn ich das Klassenzimmer betrat, erinnere ich mich noch genau an den Spiegel, der gleich beim Eingang über dem Waschbecken plaziert war. Ich konnte daran vorbei gehen, ohne mich zu sehen. Ich habe einen Blick entwickelt, an mir vorbeizuschauen. Hatte ich es doch zwischendurch gewagt, sank meine Stimmung gleich, beim Anblick meines zerkratzten Gesichtes.

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    Im Unterricht verhielt ich mich stets unauffällig, um sowenig Aufmerksamkeit auf mein Aussehen zu lenken, wie nur möglich.

     

    Abgelenkt durch den Lernstoff, habe ich den Vormittag meist ohne grosse Kratzattacken überlebt. Die Kratzerei ging dann los, als ich am Nachmittag daheim war. Manchmal war es sehr schlimm, manchmal weniger. Zwischendurch nahm ich Antihistamintabletten, die den Juckreiz etwas linderten, mich jedoch oft sehr ermüdeten, dass ich nach dem Mittagessen für einige Stunden schlafen ging. Abends konnte ich mich dann den Hausaufgaben und dem Lernen widmen. Einschlafen konnte ich meist sehr schlecht, da ich einerseits wieder von Juckreiz geplagt wurde und andererseits nicht müde war, durch meinen Nachmittagsschlaf. Bin ich dann doch um 2 oder 3 Uhr früh eingeschlafen, war die Zeit bis zum Aufstehen viel zu kurz. Der Kreislauf begann von neuem. Müde, verzweifelt sein über den Hautzustand und mein Aussehen, den Unterricht absolvieren, nachmittags müde und Kratzattacken, abends kratzen, in der Nacht kratzen. Meine Mutter hatte mir etliche lange Leinennachthemden genäht, die sich auf der Haut gut anfühlten und die man gut waschen konnte, da ich mich sehr oft blutig gekratzt hatte.

     

    Der Alltag war auch für meine Familie nicht leicht. Meine Schwester, mit der ich das Zimmer teilte, konnte nachts oft nicht schlafen, weil sie mich kratzen hörte, meine Mutter hatte ebenfalls sehr oft wach gelegen, immer verzweifelt, weil sie mir nicht wirklich helfen konnte.

     

    Gott sei Dank ist diese Zeit lange vorüber.